Ein metallisches Hämmern und Poltern weckte meinen alkoholgetränkten Kopf aus wilden Träumen von glatzköpfigen Ponys, Beinen ohne Füße und einer wunderschönen Frau. Als ich mich umblickte, lag ich auch immer noch da, wo ich mich Stunden zuvor hingelegt hatte: In meinem Bett, alleine, umgeben von verschwitzter Biberbettwäsche, die bei diesen Temperaturen natürlich völlig deplatziert ist. Das metallische Hämmern und Poltern, dessen Ursprung ich in meinem Träumen vermutete, war jedoch immer noch überdeutlich vernehmbar.

Ich vermutete, daß Nazizombies aus dem Weltall an einem überdimensionalen Panzer bauten, den man sogar vom Weltraum aus sehen konnte. Fest entschlossen, den untoten braunen Schergen die Polizei wegen Ruhestörung auf den Hals zu hetzen, begab ich mich ans Fenster, um mich zu vergewissern, daß da auch wirklich Nazizombies aus dem Weltall am Werke waren.

Ein Trugschluss. Rund 100 Meter von meinem Schlafzimmer entfernt stand auf Siegens häßlichstem Platz natürlich kein Nazizombie-Panzer, sondern ein überdimensionales Bühnenkonstrukt. Festivalbühnendimension. Es blockierte ausgerechnet jene Passage, die ich Samstags immer entlangschlendere, um im um die Ecke gelegenen Pennymarkt echte Menschen zu sehen - respektive einzukaufen.

Und dann dämmerte etwas. Mein innerer Kalender schlug die Seite "Ausnahmezustände 2004" auf, und mir war plötzlich sehr klar, was dieses Bühnenkonstrukt der ausserirdischen Nazibrigade zu bedeuten hatte: STADTFEST GALORE.

Ja, richtig, Siegen feiert sich selbst. Warum, weiß keiner so recht, aber dennoch kommen alle zusammen, um ab heute Nachmittag bis einschliesslich Sonntag im Stadtzentrum rumzulungern, und sich betont stadtliebend zu geben. Wäre da nicht der Meinerzhagener Organisator namens Valpers oder Walpest oder so, der mir mit seinem diesjährigen Programmangebot mal wieder die Kotze in die Ohren treibt.

Denn neben zahlreichen Imbissbuden für Lebensmittelvergiftungs-Seeker, einem Bungeekran für suizidgefährdete Siegener, die schon immer mal ganz papstlike die Betonplatte des Scheinerplatzes küssen wollten, chromigen Bierständen für wohlhabende Flaschenbierliebhaber und allerlei Kleinkrambuden für Kleinkramkäufer (Schneekugel mit Eiffelturm drin, anyone?), steht da eben auch die große Veranstaltungsbühne. Für die Coverbandnazis aus dem Weltall.

Totschlagargument: Weil das Publikum in den letzten Jahren so begeistert war, nehmen wir auch dieses Jahr wieder die selben Bands ins Programm, sagte sich Herr Walpest, und dementsprechend darf ich ab heute Abend kein Küchenfenster mehr öffnen, weil mir sonst die Phill Collins/Bon Jovi/Queen-Coverbands das Salz aus dem Streuer pusten.

Besoffene Halbwüchsige Arschkrampen, die mit CAB und sonstigen Schweinereien bis ans Trommelfell abgefüllt sind, werden mir in einem Anflug von Adoleszenz den Hauseingang vollpinkeln. Zu kurz geratene J-Lo-Verschnitte werden sich wagemutig auf mein Dach begeben, weil ihnen der Platz vor der Bühne einfach zu voll ist, und sie aber trotzdem noch was von dem tollen Konzert mit dem tollen Sänger, der aussieht wie Phil Collins, aber klingt wie einer von den Hansons, mitkriegen wollen. Und ich werde mit einem Holzpflock in den Händen, Knoblauchzehen in den Ohren und einem grimmigen Blick unter meiner Biberdecke liegen, schwitzen, und mir wünschen, daß es vielleicht doch nur panzerbauende Nazizombies aus dem Weltall sind.

Will mich jemand bis Sonntag adoptieren?

 

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