Und bei sowas lande ich dann auf Platz drei! Dabei war ich doch immer lieb, nett und fürsorglich...

Die TopTen-Songliste
für Momente, in denen man dem Leben
mal richtig in die Eier treten möchte.

1. Nine Inch Nails - Gave Up
Ein wummernder, fast schon epilepsiefördernder Beat, ein aggressiv verzerrter Refrain, der nicht menschlichen Ursprungs sein kann, und mindestens hundert Mal der Gedanke an "Abrechnung!", und das unter 4 Minuten.

2. Ted Leo R/X - The Ballad Of The Sin Eater
Für alle, die sich fremd fühlen, sogar zu Hause. Die ultimative Schellenkranzorgie wenn's ums durchhalten geht. Und Leo nöhlt wie Sau...

3. The Distillers - Seneca Falls
Ordentlich durchgehangener Fuck-Oi-Punk, der regelrecht dazu auffordert, mit einem Baseballschläger auf die Straße zu gehen, ein paar Hollandfahrräder zu zetrümmern und dabei noch zu grinsen.

4. Black Rebel Motorcycle Club - Six Barrell Shotgun
Kampfansage an alle. Arschrock galore, und trotzdem noch eingängig wie ein dickbestrichenes Nutellabrötchen.

5. The Kills - Fuck The People
Auch hier wieder: Ernst gemeinte Arschlochhaltung, dazu noch diese New-York-Hipster Attitüde, die eh über allem steht. Für Leute, die lieber den Stinkefinger zeigen.

6. Astra Kid - Du und Dein Problem mit mir.
Noch eine am Arschvorbeigehnummer. Astra Kid - die völlig unterbewerteten Liebhabrocker - rechnen mit einfachsten Mitteln ab. Ignoranz rules, und das Leben ist eh eine räudige Hündin.

7. Denis Leary - Asshole
Muß in diese Liste, da ich - trotz Bill Hicks - immer noch Leary-Fan bin. Wer sich selbst für das Arschloch hält, aber das als Lebensmaxime erklärt hat, wird diesen Song nicht mehr los.

8. Curve - Missing Link
Lange Zeit vor Garbage gab es schon Frauen, die zu hartem Pop böse Sachen gesungen haben. Toni Halliday zum Beispiel. Und wer gerne unterkühlt böse ist, also Wut eher mit einem Eissturm als mit einer Feuerwalze vergleicht, darf gerne reinhören.

9. Soulwax - Much against everyones advice
Die befreiende Nummer für den Looser in uns. Macht mich immer wieder bratschjeck, wenn ich auf Dich sauer bin. Auch wenn die Soulwax-Menschen das wahrscheinlich nicht so gemeint haben.

10. Ani Di Franco - Fuck You!
Zynisch bis hinten gegen, in Ani-typischer Melancholie gebettet, und gerade deshalb so schön anzuhören. Für Leute, die auch die hohe Kunst des "Fuck You!"-Grinsens draufhaben.

TReffend

Es sind diese Momente zwischen totaler Banalität und absolut lebenswichtigen Inhalten, die mich immer wieder erschrecken. Ich würde nicht behaupten, daß mein gestriger Abend so aufregend war, als daß ich jetzt unbedingt einen Anlaß sehen würde, mir die Seele aus dem Leid Leib zu schreiben. Ganz im Gegenteil: Gestern Abend ist eigentlich nichts, absolut gar nichts passiert. Aber in der Nachbetrachtung dann doch wieder so viel, daß ich zumindest ein paar Momente hinterfragen muß.

Der Spaß mit der "Momentbetrachtung" begann heute Morgen. Verschlafen, zwar nur ein paar Minuten, aber immerhin. Und wo ich mich früher noch damit zufrieden gab, daß dieser körperliche Zwang, trotz des aggressiven Weckerklingelns einfach liegen bleiben zu wollen, im Alkoholkonsum der vorangegangen Nacht, respektive aber auch in der vorangeschrittenen Uhrzeit des zu Bett gehens begründet liegt, da wurde mir heute Morgen zumindest für einen kurzen Augenblick bewusst, daß es auch Frühjahsrmüdigkeit sein könnte. Wir werden ja nicht jünger.

Und dann aber doch die schleichende Erinnerung, daß da gestern Abend etwas war. Ich erinnere mich, Rotwein getrunken zu haben. Sich daran zu erinnern ist schon eine Höchstleistung, denn ich trinke ja nicht selten Rotwein, quasi als Feierabendselbstverständlichkeit, also als Routine. Sogesehen: Das Kurzzeitgedächtnis funktioniert also noch. Und dann war da noch was mit neuer Musik. Ich erinnere mich, daß ich an ein paar Songleichen rumgearbeitet habe. Daß ich zwischendurch eine kleine "Gehörpause" einlegen musste - was auch häufiger vorkommt, da ich mittlerweile beim zusammenschrauben neuer Klänge nach einer gewissen Zeit ein Gefühl von Anstrengung empfinde. Also doch das Alter!

Ich entsinne mich, diese Pause vor dem Fernseher gemacht zu haben, und mich beim durchzappen gefragt zu haben, warum mich Fernsehen wesentlich weniger interessiert, als zum Beispiel noch vor 3 oder 5 Jahren. Ich ertappte mich dabei, wie ich mir das Video zu "hungriges Herz" von mia in voller Länge anschaute. Und mich darüber freute. Vor 2 Jahren, nach unserem ominösen Auftritt mit eben dieser Band, hätte ich sofort umgeschaltet. Vielleicht sogar gegen den Fernseher getreten. Zumindest aber das ganze mit einem herzhaften "Scheiße" quittiert. Und jetzt? 2004 finde ich es nichtmals mehr peinlich, "hungriges Herz" gut zu finden. Obwohl mir mein Unterbewusstsein ganz klar sagt, daß ich mich gegen den Trend bewege, und damit nicht weit kommen werde. (Randnotiz: Dank an Frau Emily für's anfixen!)

Aber gegen den Strom schwimmen als Lebenszweck ist mir mittlerweile zu anstrengend. Als Attitüde ist es noch OK. Auch das Alter? Und deshalb gebe ich hier offen zu: Ich mag auch die Strokes, finde das "Reptilia"-Video total knuffig und gut gemacht. Und ich mag Christoph Schlingensief, und las gestern Nacht noch wißbegierig in "Nazis rein, Nazis raus", dem Tagebuch zur Schlingensiefschen-Naziresozialisierungs-Hamlet-Inszenierung - diese Randinfo kann sich jeder hinstecken wo er will.

Beides, sowohl die New Yorker Yuppie-Rocker, als auch der knorzige Christoph, inspirierten mich gestern Nacht. Irgendwie. So tiefgehend, daß mir nach und nach auch bewusst wurde, wie obsolet ein im Weblog ausgetragener "Kleinstadtkrieg" ist. Die Brücke zwischen der Erkenntnis und den Auslösern mag wenig einleuchten, aber: Es hat was mit dem Alter zu tun.

Als Mensch der gerne leidenschaflich an Dinge herangeht, fragte ich mich also heute früh, warum dieser Kleinstadtkrieg, den ich in den letzten drei Tagen hier mehr oder minder an die Oberfläche gespült habe, nicht ebenso viel Interesse in mir auslöst, wie beispielsweise die neuerliche Begeisterung für die Bonmots eines Heiner Müller (Optimismus ist nur ein Mangel an Informationen). Und die Antwort war einleuchtend: Weil's Zeitverschwendung ist. Der Katalysator, den ich hier in den letzten 243 Tagen aufgebaut habe ist einfach zu wertvoll, als daß ich ihn als Ventil für eine Schmierenkomödie mißbrauchen möchte, die mir ehrlich gesagt - zumindest altersbedingt - am Arsch vorbei gehen sollte.

Deshalb auch die Entscheidung, die betreffenden vier Blogeinträge wieder aus dem Netz zu nehmen. Nein, ich habe sie nicht gelöscht, ich habe sie nur offline gesetzt. Der Ärger über die Geschehnisse ist also nicht verschwunden. Nur versteckt. Und wartet sicherlich noch darauf, offen ausgetragen zu werden. Aber nicht hier. Sondern vor Ort.

Und das aus ganz einfachem Grund: Ich kann niemandem vorwerfen, sich in bestimmten Dingen erwachsen zu verhalten, wenn ich es selbst nicht tue. Das wäre banal. Und da selbst der gestrige Abend unterm Strich nicht wirklich banal war...

Um es noch einleuchtender zu formulieren: Meine biologische Uhr dampft so schnell, daß mir die Zeit für bestimmte Dinge einfach viel zu Schade ist.

Das Alter, Sie wissen schon...

 

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