Fünfminutenmanager. Ein Wort aus einem dieser neumodischen pseudoemotionalen TV-Spots. Solche, wo man nie weiß, wofür eigentlich gerade geworben wird. Ich hatte bis dato nur eine blasse Vorstellung dessen, werwiewas ein Fünfminutenmanager sein könnte. Und heute Morgen dämmerte es dann...

8.17 Uhr
Ich träume von großen Hackbratentieren, die mich in einem Hochhaus verfolgen, als plötzlich ein unangenehmes Geräusch den Hackbraten zu Staub zerfallen läßt. Dieser Ton, der an einen Zahnarztbohrer auf Valium erinnert, fließt nahtlos über in die Melodie von "Spiel mir das Lied vom Tod". Ich öffne meine Augen. Schreckhaft. So als hätte ich gerade festgestellt, daß ich eigentlich tot bin. Fühlt sich auch so an. Ich blicke zur Seite und sehe mein Handy auf dem hölzernen Bettrand liegen. Vibrationsalarm und Melodie. Ein noch völlig schlaftrunkener Griff zur Seite löst das Problem. "Alarm fortsetzen?". Ich bestätige die Aufforderung, lege das Handy zur Seite, schließe meine Augen, und wickle mich etwas fester in die warme Decke ein.

8.21 Uhr
Ein Geräusch, das einem ersaufenden Startenor gleicht, reisst mich wieder aus dem gerade so traumhaft einsetzenden Schlaf. Der Wecker, der mich schon seit Jahren aus dem Schlaf reisst, piept vergnügt und stoisch vor sich hin. Ein kleiner Klaps auf die obere Seite, in Ausführung und Geschwindigkeit einem leichten Klaps auf den Po einer bezaubernden Frau nicht unähnlich, löst das Problem. Snooze-Taste. Noch 5 Minuten...

8.22 Uhr
Wieder der Zahnarzt. Wieder das Lied vom Tod. Ich schrecke nicht mehr so schreckhaft auf. Bestätige nochmal, und verziehe mich wieder mit den unterkühlten Gliedmaßen unter die noch herzzerreissend warme Bettdecke.

8.26 Uhr
Der obligatorische Klaps zur Seite, diesmal jedoch aggressiver. So als wollte man jemandem eine knallen.

8.27 Uhr
Charles Bronson lacht mich aus und vibriert fröhlich vor sich hin. Ich verneine die Aufforderung zum erneuten Weckruf, da die Zeit zu knapp wird. Aber 3 Minuten könnte ich ja noch...

8.31 Uhr
Piss off, Pavarotti. Diesmal ein Schlag zur Seite. Das piepiepie erstickt unsanft unter meiner Hand. Ich überlege mit offenen Augen, ob ich die Waschmaschine nicht auch heute Abend noch mit Schmutzwäsche füttern kann, und döse ob dieser Zeitplanung wieder ein.

8.36 Uhr
Schnauze voll. Ich deaktiviere entnervt die Snoozefunktion, und ärgere mich, weil ich doch um 9 Uhr im Büro sein will. Die wärme der Decke und die angestrengten Gedanken rings um Pünktlichkeit, Selbstdisziplin und Zeitmanagement machen mich müde. Ich schließe die Augen und denke mir: Ach komm, laß gut sein, die vier Minuten noch.

8.43 Uhr
Ich schrecke auf, ohne jedoch von einem der beiden widerwärtigen pawlovschen Reize genötigt worden zu sein. Blicke auf die Uhr und Fluche.

8.59 Uhr
Frisch geduscht und sauber eingekleidet, jedoch völlig zerknautscht, begebe ich mich auf den Weg zur Arbeit. Bin sogar pünktlich, trotz leicht humpelndem Gangs, den ich mir dank eines unglücklichen, streßbedingten Holperers beim Versuch gleichzeitig die Zähne zu putzen, eine Hose anzuziehen und Socken aus der Schublade zu frimeln, eingehandelt habe.

Und nur 5 Minuten später sitze ich hier. Kaffee, Zigarette. Und immer noch Sehnsucht nach dem warmen Bett.

5 Minuten mehr, das wär's gewesen...
 

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