Ein Donnerstag wie immer. Sogesehen müsste hier auch das selbe stehen wie immer (Alkohol, Musik, Fußboden, irgendwelche Frauengeschichten). Tut's aber nicht. Denn es war unterm Strich ja doch kein Donnerstag wie immer.
Da war zum einen der Herr Sportraucher, über den ich seit langem mal wieder herzlich Schmunzeln musste, und der das noch nicht mal mitbekommen hat.
Nach unserer letzten Aufnahmesession entpuppte sich ja die Küche als gänzlich ungeeignet für laute Gesangsaufnahmen. Zu viel Hall. Zu kalt. Zu was auch immer. Also blieb mir nichts anderes übrig, als eine imrpvisierte "Gesangskabine" für den Herrn Sportsänger aus dem Boden zu stampfen. Mein Konstrukt, eine wacklige Angelegenheit: Aus einem Bettbezug, einer Fleeze-Decke, meiner Wohnzimmerwand, einer Reißzwecke, einem Dachbalken, einer Staffelei, einer Lampe und einer alten, löchrigen Tagesdecke formte ich also ein völlig instabiles Ding, in das sich der Herr Sportraucher nebst Mikrophon einschliessen musste. Und ob man's glaubt oder nicht: Es funktionierte. Staubtrockene Vocals, warm, dicht, komprimiert. So hatte ich den jungen Mann, der sich da hinter meinem Bettbezug versteckte, noch nie zuvor gehört. Und Herr Sportraucher gab sich auch redliche Mühe, eine bestmögliche Performance abzuliefern. Was mich zum Schmunzeln brachte: Der Mann war so vertieft, daß er zwischenzeitlich leicht mit dem Hintern hin und her wippte. Ich bin mir sicher, daß er sich nicht darüber bewusst war, daß die an der Staffelei befestigte Bettdecke nur bis zu seiner Hüfte reichte, und ich mich fast 15 Takes lang über einen wackelnden Hintern freuen konnte. Und nein, ich bin nicht schwul, aber ich fasse es als Kompliment auf, wenn jemand, der sich höchst selten bewusst rhythmisch bewegt, zu meinen unfertigen musikalischen Entwürfen mit dem Hintern wackelt.
Und dann war da die Sache mit dem Verrückten...
Aufnahmesessions mit dem Herrn Sportraucher enden für gewöhnlich immer da, wo sich das Pack trifft. Pack gehört zu Pack, also machten wir uns nach verrichteter Arbeit auf in die Stammspelunke. Eben dorthin, wo Donnerstags alle Musiker dieser Stadt den akkustischen Penisvergleich wagen. Jam Session galore. Und Er war wieder da. Er, nennen wir ihn mal der Einfachheit halber den Irren, ist so ein Typ amerikanischer Sportstudent, Südstaatler, jung, drahtig, unkontrolliert in seinen Bewegungen, sauberer Kurzhaarschnitt, Klamotten aus der C&A Jugendabteilung (was nicht diffamierend gemeint ist!), Stiernacken, trotzdem dünn. Der Irre besucht unseren Hort der gescheiterten Musikerexistenzen schon seit ungefähr 4 Wochen. Er tauchte irgendwann aus dem Nichts auf, schnappte sich eine Bassgitarre, und fing an zu spielen. Offene Münder vorprogrammiert. Dieses schlacksige Etwas vollführt am Bass zwar technisch unsaubere, aber dennoch rotzrockige Arbeit. Und das in einer Geschwindigkeit, die selbst gestandene Nu-Metal-Bassisten zum sabbern bringt. Er ist wahrscheinlich auch der einzige Bassist der Welt, der sich alleine, ohne Begleitband vor eine überkritische Meute stellt, und einfach drauflosspielt. Das sieht im ersten Moment befremdlich aus, weil dieser Mensch koordinierte Bewegungen und vorallem Coolness nicht gepachtet hat. Aber wie er das macht ist einfach unglaublich. Der Irre stand also gestern auch wieder da, wo er immer steht: An der Bassgitarre. Und als dann die ersten Musiker mit ihren ersten musikalischen Ergüssen durch waren, blieb er immer noch am Bass stehen, winkte ein paar Kollegen zu sich, legte den Bass zur Seite und schnappte sich eine Gitarre. Herr Sportraucher und ich ahnten böses, und ich entsinne mich, noch gesagt zu haben "Und wehe der nimmt jetzt noch ein Mikro...". Er schnappte sich ein Gesangsmikro, und fing mit Bass und Drums als Staffage an zu spielen.
Der Irre sieht aus wie Alex Krycek aus Akte X,
nur in länger und dümmer.
Ich kann Rockabilly nichts abgewinnen. Aber was der Irre da mit seinen spastischen Bewegungen gesanglich und vorallem an der Gitarre vollführte, war unbeschreiblich. In rasender Geschwindigkeit, energetisch, verbalakrobatisch, fast schon pervers. Das erste mal ertappte ich mich dabei, daß ich auf jemanden wirklich neidisch war. Der Mann stand offensichtlich unter Strom, und das aber voll und ganz kontrolliert. Daß solche Menschen natürlich nicht nur Applaus, sonder auch Jubelschreie ernten, ist klar. Daß sogar Herr Sportraucher und ich mit offenen Mündern da standen, ist nicht ganz so klar, war aber trotzdem so. Und daß nach so einer Nummer niemand mehr freiwillig auf die Bühne will...
Sportraucher: "Wenn der richtig pervers ist, kann der bestimmt auch Schlagzeug spielen..."
Shhhh: "Wenn der richtig pervers ist, kann der sogar Violine spielen!"
5 Minuten später
Sportraucher: "Ich hab gerade mit B. gesprochen. Der kennt den Irren. Der hat mit dem mal zusammen gespielt. Und der Irre saß am Schlagzeug. Muß geil gewesen sein."
Shhhh: "Ich geh kotzen."
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Und abschliessend entpuppte sich die Nacht als eine der wichtigsten meines Lebens. Aber das gehört hier nicht hin. Nur am Rande: Unbeschreibliche, zu Tränen rührende Momente, Nachts um halb fünf, lassen Schlafdefizite am nächsten Morgen obsolet erscheinen.
Da war zum einen der Herr Sportraucher, über den ich seit langem mal wieder herzlich Schmunzeln musste, und der das noch nicht mal mitbekommen hat.
Nach unserer letzten Aufnahmesession entpuppte sich ja die Küche als gänzlich ungeeignet für laute Gesangsaufnahmen. Zu viel Hall. Zu kalt. Zu was auch immer. Also blieb mir nichts anderes übrig, als eine imrpvisierte "Gesangskabine" für den Herrn Sportsänger aus dem Boden zu stampfen. Mein Konstrukt, eine wacklige Angelegenheit: Aus einem Bettbezug, einer Fleeze-Decke, meiner Wohnzimmerwand, einer Reißzwecke, einem Dachbalken, einer Staffelei, einer Lampe und einer alten, löchrigen Tagesdecke formte ich also ein völlig instabiles Ding, in das sich der Herr Sportraucher nebst Mikrophon einschliessen musste. Und ob man's glaubt oder nicht: Es funktionierte. Staubtrockene Vocals, warm, dicht, komprimiert. So hatte ich den jungen Mann, der sich da hinter meinem Bettbezug versteckte, noch nie zuvor gehört. Und Herr Sportraucher gab sich auch redliche Mühe, eine bestmögliche Performance abzuliefern. Was mich zum Schmunzeln brachte: Der Mann war so vertieft, daß er zwischenzeitlich leicht mit dem Hintern hin und her wippte. Ich bin mir sicher, daß er sich nicht darüber bewusst war, daß die an der Staffelei befestigte Bettdecke nur bis zu seiner Hüfte reichte, und ich mich fast 15 Takes lang über einen wackelnden Hintern freuen konnte. Und nein, ich bin nicht schwul, aber ich fasse es als Kompliment auf, wenn jemand, der sich höchst selten bewusst rhythmisch bewegt, zu meinen unfertigen musikalischen Entwürfen mit dem Hintern wackelt.
Und dann war da die Sache mit dem Verrückten...
Aufnahmesessions mit dem Herrn Sportraucher enden für gewöhnlich immer da, wo sich das Pack trifft. Pack gehört zu Pack, also machten wir uns nach verrichteter Arbeit auf in die Stammspelunke. Eben dorthin, wo Donnerstags alle Musiker dieser Stadt den akkustischen Penisvergleich wagen. Jam Session galore. Und Er war wieder da. Er, nennen wir ihn mal der Einfachheit halber den Irren, ist so ein Typ amerikanischer Sportstudent, Südstaatler, jung, drahtig, unkontrolliert in seinen Bewegungen, sauberer Kurzhaarschnitt, Klamotten aus der C&A Jugendabteilung (was nicht diffamierend gemeint ist!), Stiernacken, trotzdem dünn. Der Irre besucht unseren Hort der gescheiterten Musikerexistenzen schon seit ungefähr 4 Wochen. Er tauchte irgendwann aus dem Nichts auf, schnappte sich eine Bassgitarre, und fing an zu spielen. Offene Münder vorprogrammiert. Dieses schlacksige Etwas vollführt am Bass zwar technisch unsaubere, aber dennoch rotzrockige Arbeit. Und das in einer Geschwindigkeit, die selbst gestandene Nu-Metal-Bassisten zum sabbern bringt. Er ist wahrscheinlich auch der einzige Bassist der Welt, der sich alleine, ohne Begleitband vor eine überkritische Meute stellt, und einfach drauflosspielt. Das sieht im ersten Moment befremdlich aus, weil dieser Mensch koordinierte Bewegungen und vorallem Coolness nicht gepachtet hat. Aber wie er das macht ist einfach unglaublich. Der Irre stand also gestern auch wieder da, wo er immer steht: An der Bassgitarre. Und als dann die ersten Musiker mit ihren ersten musikalischen Ergüssen durch waren, blieb er immer noch am Bass stehen, winkte ein paar Kollegen zu sich, legte den Bass zur Seite und schnappte sich eine Gitarre. Herr Sportraucher und ich ahnten böses, und ich entsinne mich, noch gesagt zu haben "Und wehe der nimmt jetzt noch ein Mikro...". Er schnappte sich ein Gesangsmikro, und fing mit Bass und Drums als Staffage an zu spielen.
Der Irre sieht aus wie Alex Krycek aus Akte X,
nur in länger und dümmer.
Ich kann Rockabilly nichts abgewinnen. Aber was der Irre da mit seinen spastischen Bewegungen gesanglich und vorallem an der Gitarre vollführte, war unbeschreiblich. In rasender Geschwindigkeit, energetisch, verbalakrobatisch, fast schon pervers. Das erste mal ertappte ich mich dabei, daß ich auf jemanden wirklich neidisch war. Der Mann stand offensichtlich unter Strom, und das aber voll und ganz kontrolliert. Daß solche Menschen natürlich nicht nur Applaus, sonder auch Jubelschreie ernten, ist klar. Daß sogar Herr Sportraucher und ich mit offenen Mündern da standen, ist nicht ganz so klar, war aber trotzdem so. Und daß nach so einer Nummer niemand mehr freiwillig auf die Bühne will...
Sportraucher: "Wenn der richtig pervers ist, kann der bestimmt auch Schlagzeug spielen..."
Shhhh: "Wenn der richtig pervers ist, kann der sogar Violine spielen!"
5 Minuten später
Sportraucher: "Ich hab gerade mit B. gesprochen. Der kennt den Irren. Der hat mit dem mal zusammen gespielt. Und der Irre saß am Schlagzeug. Muß geil gewesen sein."
Shhhh: "Ich geh kotzen."
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Und abschliessend entpuppte sich die Nacht als eine der wichtigsten meines Lebens. Aber das gehört hier nicht hin. Nur am Rande: Unbeschreibliche, zu Tränen rührende Momente, Nachts um halb fünf, lassen Schlafdefizite am nächsten Morgen obsolet erscheinen.
Herr shhhh
am Freitag, 19. März 2004, 10:55