Als ich heute morgen aufwuch, stand Michael Stipe vor meinem Bett, um mir zu sagen, daß er doch nicht schwul sei. "Alles nur ein großangelegter Schwindel!", raunte er durch mein heillos unaufgeräumtes Schlafzimmer. "Mike, aber warum!?!" röchelte es schlaftrunken aus meinem staubtrockenen Mund. "Weißt Du, ich dachte, wenn ich den Fans da draussen weiß mache, daß ich mich eher für knackige Männerpos als für wohlgeformte Brüste interessiere, dann würden sie sich vielleicht nicht so sehr für meine Person, sondern vielmehr für meine Songs interessieren!", entgegnete er mir in perfektem Schwäbisch.

Ich rieb mir die Augen, sah seine schlacksige Figur aber dennoch nur verschwommen im Türrahmen zum Badezimmer stehen. Ich nahm einen Schluck Wasser aus dem pinken Ikea-Plastikbecher neben meinem Bett, und mußte an Mel Gibsons Filmtochter in "Signs" denken. Das Wasser schmeckte alt. "Mike", versuchte ich zu insistieren, "die Leute interessieren sich seit 'Loosing my Religion' sowieso nicht mehr für Deine Songs. Du bist zwar gut und talentiert, und schreibst auch wirklich tolle Sachen, aber Du bist genauso viel pop wie ich schwul bin. Um ehrlich zu sein: Du bist zu langweilig und dröge für diese Generation! Sogesehen ist es auch egal, was die Leute von Dir denken...". Er funkelte mich für einen kurzen Augenblick an, drehte sich um, und schnarrte: "Siehst Du, genau darüber solltest Du auch mal nachdenken!".

Ich stand auf,
schubste ihn zur Seite,
ließ das Duschwasser an,
und dachte nach.

kaffee

Sich ruhigen Gewissens Fragen, wieviel Liter kalte Kaffee-Reste man in den letzten 7 Jahren in den Ausguss geschüttet hat. Und dann erschaudern.

Eine sehr harmonische und unkomplizierte Zusammenarbeit
mit verschwindend geringem Budget.


Kundenbeschreibungen, die man gerne mitnimmt.

Früher, also im Sinne von um die 1980 bis 1990, da war es noch etwas besonderes, wenn man mit Maschinen Musik machen konnte. Nicht unbedingt eine ähnlich hohe Kunst wie beispielsweise Harfe spielen. Aber schon etwas besonderes, etwas zu dem ein gewisses Maß an teschnischem EInfühlungsvermögen, sowie Kreativität gehört. Und daß diese beiden Eigenschaften selten zusammenpassen, beweist uns jeder drittklassige Bauingenieur. Dann folgte die Zeit der billigen Musikworkstations von Korg. Die Zeit der Softwarepiraterie. Die Zeit des Internets. Die Zeit von Sequencerprogrammen wie Fruity Loops oder Reason, die mit vorgefertigten Patterns und Tonnen von frei nutzbaren Audioloops eine regelrechte Armada an Möchtegernmaschinenmusikmachendenmenschen gebar. Die Demokratisierung der Möglichkeiten sorgte dafür, daß heutzutage so ziemlich jeder ein "Studio" zu Hause hat, der sich ein USB-Keyboard nebst Rechner und einen CD-Rohling leisten kann. Das ist heute. Das ist jetzt. Selbst die großen schönen Synthesizer, denen ich immer noch genauso erregt und bescheuert zugleich hinterherlechze wie vor knapp 15 Jahren, sind obsolet geworden, seit eine Firma namens Arturia ein komplettes Modularsystem (das sind die großen Kisten mit den vielen Kabeln, die man oft auf alten Krautrockfotos aus den 70ern sieht) in einen kleines Stück Programmcode gepackt hat. Klingt genauso, sieht auch ähnlich aus, ist halt eben nur im Monitor drinnen auch. Und verstimmt sich nie. Ein Stück Kreativkatalysator, daß nun für jeden be/greif/nutzbar ist. Ich bin heute nicht intellektuell genug, um hier eine fundierte These aufzustellen, die besagt, daß die Demokratisierung des Equipments letztlich an der Flut von Dancefloor-, HipHop-, Lounge- oder Sontwasproduktionen schuld ist. Aber die Vermutung liegt nahe.

Nevertheless: Schlimm finde ich das nicht. Vielleicht ein bißschen Schade, da die Flut an Jungmusikern eine qualitative Selektion mit zunehmeder Quantität zunehmend erschwert. Aber nochmal: Nichts gegen Fruity Loops und Co. Merke auf: Wer damit schöne Klänge zaubern kann, ist mein Freund.

Boneless / 180 Grad Ollie / Manual >>> Richtungswechsel:

Schaut man sich in dieser Internetkommune um, die oft mit dem Scheißwort Blogosphäre oder so ähnlich umschrieben wird, verhält sich das nicht anders. Da gab es mal die Zeit der "Blogpioniere", zu denen man aufgeblickt hat. Webloggen war etwas besonderes. Gedankenposting. Von Menschen mit ideen, von Menschen, die mit der Technik, mit dem ganzen drumherum umgehen konnten. RSS-Feed? Pas de problem, Monsieur! Something special. Irgendwann fand' die Demokratisierung statt. Ich weiß nicht wie, ich weiß nicht wo. Aber plötzlich ist bloggen everybodys Steckenpferd. Jeder bloggt. Jeder ist Blogger. Vor 150 Tagen noch mußte ich mir von einer Soziologiestudentin anhören, daß bloggen irgendwie pervers sei. Tagebuchführen, schön und gut, aber das macht man doch nicht in aller Öffentlichkeit. Jetzt bloggt sie auch. Genau wie viele andere, denen ich das vorher nicht zugetraut hätte. Gedankenpostingdemokratisierung (teils), aber eben auch der Effekt des "ich kann das auch". Täglich neue Blogs. An sich nichts schlimmes. Bin ja schließlich auch nur Nachahmer/Mitlaüfer. Aber: die Selektion wird schwerer. Die Lust schwindet, sich überhaupt noch mit dem Thema zu befassen. Sich über den Antville/Twoday-Tellerand noch mit anderen Blogs/Bloggern zu beschäftigen. Man hat ja schon mit dem eigenen Weblog genug um die Ohren. Und die Kreativität geht in der Masse unter. Ähnlich wie bei der elektronischen Musik. Kreative Parallelwelten.

Aber es gibt ja noch die großen Ausnahmen, die ganz aphextwin-esque meine Synapsen zum schwingen bringen. Nicht täglich, aber immer öfter. Die Menschen, die früher, wenn sie denn Maschinenmusikmachende gewesen wären, die richtigen Klänge mit den richtigen Kabelkombinierungen aus den großen alten Kisten gezaubert hätten. Und die jetzt und hier mit den richtigen Wörtern dafür sorgen, daß es noch spaß macht, Blogs zu hören. Ämmm, lesen. Merke auf: Wer im Blog schöne Worte zaubern kann, ist mein Freund.

 

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