Es geht wieder los. Ich muss mich wieder daran gewöhnen. An die Kleinigkeiten. Und die Absurditäten. Sprüche wie "Ha, biste auch wieder im Club. Na herzlich willkommen!". Oder: "Cool, dann können wir ja wieder jeden Abend auf die Rolle gehen, Frauen gucken, Bier trinken". Als ob ich das nicht schon vorher getan hätte.

Nur irgendwie ist es jetzt anders.

Es beginnt schon damit, dass man sich keine Gedanken mehr machen muss, wie der Abend endet. Keine Anrufe mehr a la "Schatz, ich komme so gegen 23 Uhr weil wir noch was trinken gehen wollten!". Oder gar "Willst Du nicht auch mitkommen?".

Eigenverantwortung, da bist Du wieder. Und es setzt sich fort. Keine vorsichtigen Blicke mehr, wenn man im Biergarten der jungen Dame am Nebentisch ständig auf den Hals oder sonst wo hin starrt. Keine schlechtes Gewissen mehr wenn man plötzlich offensiv mit der Kellnerin flirtet, und diese auch noch anspringt. Und: Kein Blick mehr auf die Uhr - denn es ist ja niemand da, der einem den Vorwurf machen könnte, dass man eigentlich früher kommen wollte und dann doch mal wieder zu spät ist.

Zeit für Unvernunft, da bist Du wieder. Burger um 23.30, an einem Werktag. Statt Salat aus dem Kühlschrank. Bierflaschen statt Umhängetaschen. Das schöne dabei: trotzdem noch das Understatement wahren, cool bleiben - ganz im Gegensatz zu den Ehrenmitgliedern des Clubs, die ob der lebenslangen Beziehungslosigkeit jegliche Hemmschwellen verloren haben. Wenn schon laut, betrunken, und jenseits von gut und böse gröhlend durch die Straßen der Stadt laufen, dann bitte mit Stil. Frank Sinatra-Songs statt Schlachtgesänge. Crossgolf statt einfach nur so Scheiben einschmeissen. Silly Humor statt Pöbelei.

Eigentlich ein schöner Gedanke: Ich habe jetzt wieder die Legitimation, dem Erwachsenwerden einfach mal so den Rücken zu kehren. Und ich muß niemandem über die spontanen Rückfälle ins Adoleszententum Rechenschaft ablegen. Ausser dem Apotheker, weil der sich über die Anstaltspackung Aspirin wundert. "Ja, mein Alkoholkonsum ist in den letzten Tagen erheblich angestiegen. und ich rauche zu viel. Aber weisst Du was? Wenn nicht jetzt, wann dann???".
noelscheich kommentierte am 24. Jul, 12:13:
klingt halbherzig und traurig. tut mir leid. wirklich. 
shhhh entgegnete am 24. Jul, 12:17:
Nö.
Muss man immer in Relation zur Vergangenheit sehen. 
noelscheich entgegnete am 24. Jul, 12:22:
ja, das mag sein
wobei du mit einem eisernen verfechter der partnerschaft als höchster glücksform und gleichzeitig gläubigen an die eigenleistung bei der findung und erhaltung einer guten beziehung sprichst. ;-) 
shhhh entgegnete am 24. Jul, 12:28:
Klingt
beneidens-, aber in Anbetracht meiner derzeitigen Verfassung und des geupdateten Erfahrungsschatzes (OS-Xbeziehung Version 4.0) nicht unbedingt erstrebenswert.

Aber ich freu mich, dass es sowas gibt. 
noelscheich entgegnete am 24. Jul, 12:34:
schon klar und in ordnung
das missionieren habe ich schon länger aufgegeben .. so gut ich kann. 
shhhh entgegnete am 24. Jul, 12:39:
Missionieren.
Ich versuche seit Jahr und Tag mein sektierendes und größtenteils haidnisch agierendes Umfeld davon zu überzeugen, daß der Katholozismus der einzig wahre Glaube ist. Und der Beweis liegt auf der Hand: Welches Unternehmen kann von sich schon behaupten, seit 2000 Jahren gewinnbringend zu wirtschaften und nie rote Zahlen zu schreiben? Und das mit unlauteren Mitteln.
Diese Art der Überzeugungsarbeit ist mindestens genauso hoffnungslos. 
noelscheich entgegnete am 24. Jul, 12:50:
hehe
das klingt von vornherein nach sisyphos.
2000 jahre schwarze zahlen sind ein argument für einen anleger oder jobsuchenden, weniger für den kunden, der das gleiche woanders billiger kriegt.
missionierung ist sowieso aus sich selbst geborene wichtigkeit. 
shhhh entgegnete am 24. Jul, 13:02:
Auch aus
Kundensicht bietet der Katholizismus die besten Verkaufsargumente.
Denk mal an die Ablässe. Die katholische Kirche fordert ihre Jünger ja geradezu dazu auf, zu sündigen. Weil sonst das Konzept der Beichte/Buße obsolet wäre. Die Legitimation zur Sünde ist also da. Besser geht's doch gar nicht. ;-) 
noelscheich entgegnete am 24. Jul, 13:09:
das konzept kaufe ich nicht
Werden Sie unser Kunde, denn schon für einen geringen Monatsbeitrag verbieten wir Ihnen was sie tun, wofür sie daraufhin unsere Vergebung käuflich erwerben können.
Wird der Mindestumsatz nicht erreicht, behalten wir uns vor, den Verbotskatalog auszuweiten. 
miss.understood kommentierte am 24. Jul, 14:57:
erinnert mich alles
ein bisschen an fanta 4 und "jetzt ist sie weg"

mit dieser philosopie fuhr ich einwandfrei
an ihr vorbei
schätze bin }n bisschen hoch geflogen,
ungelogen
und hab sie dabei mit mir selbst betrogen
....
jetzt ist sie weg. weg.
und ich bin wieder allein allein.
jetzt ist sie weg. weg.
zuvor wars schöner allein zu sein. 
Cut1977 kommentierte am 24. Jul, 15:01:
Katholizismus, Fanta 4, alles...
... Mumpitz! Die Frage ist doch: wie geht es dir? Ganz banal gefragt. Wie geht es dir? Deine Beschreibung klingt auch ein wenig begeistert. Gar nicht so traurig... 
shhhh entgegnete am 24. Jul, 15:33:
Der Herr Cut
trifft's mal wieder.
Kurz geantwortet:
Aus Trauer/Selbstmitleid ist
Wut/Selbstbewusstsein geworden.
Manchmal noch Trauer.
Aber immer seltener. 
noelscheich entgegnete am 24. Jul, 15:52:
auf wut die auf trauer folgt, folgt wieder trauer, der nur durch selbstbewusstsein begenet werden kann, dass sich nicht aus selbstmitleid nährt. 
foolosophy entgegnete am 25. Jul, 10:46:
sehr wahr 
lauritavanboese kommentierte am 25. Jul, 14:52:
Du
springst Kellnerinnen an? Sicher, dass es dir gut geht? 
shhhh entgegnete am 25. Jul, 14:53:
Ja.
Ich muss die anspringen, weil die mich sonst nie wahrnehmen.
Und ich hab doch immer solchen Durst... ;-) 
 

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